Gesetzesentwurf zur Umsatzsteuerbefreiung
Solingen, den 13.06.2024
Stellungnahme des Bundesverbandes Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e.V. zum neuen Gesetzesentwurf zur Umsatzsteuerbefreiung
Liebe Mitglieder,
wir möchten die Gelegenheit nutzen, um Klarheit über den kürzlich erschienenen Gesetzesentwurf zur Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG-E nach dem JStG 2024 – Regierungsentwurf) zu schaffen. Der Entwurf vom 06.06.2024 hat in den letzten Tagen zu einigen Missverständnissen und Unsicherheiten geführt, die wir hiermit ausräumen möchten.
Hintergrund und Anlass
Der Gesetzesentwurf sieht vor, die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) umzusetzen.
Bisheriger Wortlaut nach § 4 Nr. 21 UStG
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
- die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
- aa) wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
- bb) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
- die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
- aa) an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
- bb) an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
Wortlaut nach § 4 Nr. 21 UStG nach dem JStG 2024 – Regierungsentwurf
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
- Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen erbracht werden. Für die Steuerbefreiung der Fortbildung und der damit eng verbundenen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die durch die in Satz 1 genannten anderen, allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen erbracht werden, gilt dies nur, wenn diese Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtungen erbrachten Leistungen verwendet werden,
- Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird.
Einordnung
Begünstigt sind zukünftig der Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung und damit eng verbundene Leistungen. Um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen, muss es sich um eine
(a) Einrichtung des öffentlichen Rechts handeln, die mit solchen Aufgaben betraut ist, oder
(b) um eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung (hier auch Einrichtungen zur Erteilung von Nachhilfeunterricht für Schüler).
Sofern es sich um Fortbildungen durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen handelt, gilt die Steuerbefreiung nur, wenn die jeweilige Einrichtung keine systematische Gewinnerzielungsabsicht anstrebt.
Dies ist auch der Begründung im JStG zu entnehmen, dort heißt es explizit: „Leistungen der Fortbildung nach § 4 Nummer 21 Satz 1 Buchstabe a Satz 2 UStG sind nur dann befreit, wenn sie von Einrichtungen erbracht werden, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben:…“. Des Weiteren werden in der Begründung zum JStG 2024 Fortbildungen definiert als Leistungen, die es in einem ausgeübten Beruf ermöglichen, die Handlungsfähigkeit zu erhalten, anzupassen, zu erweitern oder aufzusteigen.
Alle anderen im ersten Abschnitt genannten Leistungen werden nicht in die Rückausnahme (Es gilt wieder die ursprüngliche Regel) einbezogen.
Was bedeutet das für Nachhilfeschulinhaber, sollte der Entwurf in dieser Form umgesetzt werden?
- Es gilt eine grundsätzliche Umsatzsteuerbefreiung für Nachhilfeinstitute, ohne dass eine Umsatzsteuerbefreiung bei der entsprechenden Behörde genehmigt werden muss.
- Leistungen, die neben der Nachhilfe angeboten werden und in einem ausgeübten Beruf ermöglichen, die Handlungsfähigkeit zu erhalten, anzupassen, zu erweitern oder aufzusteigen (bspw. Sprachunterricht für Erwachsene) sind nur umsatzsteuerfrei, wenn keine systematische Gewinnerzielung angestrebt wird.
Unklar ist derzeit, ob noch Ausnahmen formuliert werden oder ob dieser Entwurf in dieser Form umgesetzt wird.
Wir möchten jedoch betonen, dass die grundsätzliche Festlegung der Befreiung an Einrichtungen ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht für Bereiche wie beispielsweise Sprachtraining kritisch betrachtet wird. Viele unserer Mitglieder bieten hochqualitative Sprachtrainings an, die oft kommerziell betrieben werden müssen, um ihre Qualität und Verfügbarkeit zu gewährleisten. Der Verband wird hier zukünftig weitere Maßnahmen definieren, um mit der Politik zusammenzuarbeiten und sich dafür einsetzen, dass auch diese wichtigen Bildungsleistungen adäquat berücksichtigt und unterstützt werden.
Erfolg
Sollte der Entwurf realisiert werden, stellt dies eine große Erfolgsmeldung dar. Eine unserer Kernforderungen, die wir seit Jahren gegenüber der Politik erhoben haben, wird endlich mithilfe der EU umgesetzt. Dies ist ein bedeutender Schritt nach vorne.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Nadler
Vorstandsvorsitzender des VNN Bundesverbandes Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e.V.
Link zum Gesetzesentwurf (Seite: 59, 199, 201 Stichwort “Nachhilfe”): https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2024-06-05-JStG-2024/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=8
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