Nachhilfe – ganz
schön schlau!

Ein gutes Buch schreiben? Einblicke und Tipps von einem Autor und Schulleiter

Die Idee, ein Buch zu schreiben, schwirrt vielen von uns im Kopf herum – sei es, weil wir ein Thema besonders spannend finden, weil wir unsere Erfahrungen weitergeben oder Gefühle und Gedanken in einer Geschichte verpacken möchten. Oft bleibt es aber bei der Idee, denn der Prozess vom ersten Gedanken bis zum fertigen Buch erscheint abstrakt und sehr aufwändig.

Mario Tessitore, Inhaber der Nachhilfeschule Dr. Sussieck in Schwetzingen, hat das Projekt angenommen und ein Buch über Nachhilfe geschrieben: „Nach der Hilfe lernen“. Im folgenden Interview spricht er über seine Erfahrungen rund um seine Autorentätigkeit und gibt wertvolle Tipps und Erfahrungen weiter. Außerdem berichtet darüber, was ihn dazu bewegt hat, das Buch zu schreiben und worum es in „Nach der Hilfe lernen“ genau geht:

Carolin: Wie hast du denn die konkrete Idee für dein Buch gefunden?

 

Mario: Das war während der Corona-Zeit, als die Pandemie begonnen hat. Die Nächte waren kurz und Vieles ging mir durch den Kopf – dabei ist die Idee entstanden. Insgesamt hat es ca. zwei Jahre gedauert, bis es fertig war, von der Idee bis hin zur Veröffentlichung. Ich dachte erst, ich schreibe vielleicht einen größeren Artikel, etwas für den VNN oder einen größeren Blog. Dann habe ich aber gemerkt, dass so viel zusammenkam, dass daraus ein Buch entstehen könnte. Die Vision wurde schnell größer und fassbarer und so ist sie zur Wirklichkeit geworden. 

Viele verschiedene Wissensträger kamen zusammen: Gespräche mit Kollegen, mit Eltern, mit Lehrern an den Schulen und auch mit SuS. Es sind oft ähnliche Gespräche und die Unterhaltungen wiederholen sich, wenn es um Themen rund um die Nachhilfe geht. Da habe ich mir gedacht: „Da muss ich zusammenfassend ein Buch daraus machen.“ Recherchen nach einem Buch über Nachhilfe in dieser Form ermutigten mich, da es so etwas noch nicht gab.  

 

Carolin: Was hat an dem Prozess am längsten gedauert? War etwas dabei, was dich mehr oder weniger Zeit gekostet hat, als du ursprünglich erwartet hättest?

 

Mario: Nein, ich habe meinen Plot planmäßig eingehalten. Ich habe schon damit gerechnet, dass ich länger als ein Jahr schreibe. Wobei es zwischendurch auch mal eine Pause von zwei Monaten gab, um danach mit frischem Schwung weiterzuschreiben. 

Dann kam das größte erwartete Problem: einen guten Verlag finden. Die Arbeit mit dem Verlag ist mit vielen Abstimmungen verbunden.  Das kostet viel Zeit und zog sich über mehrere Monate hin. 

 

Carolin: Wie hast du bei der Verlagssuche eine Auswahl getroffen, welchen Verlag du am Ende gewählt hast?

 

Mario: Ich war ehrlich gesagt froh, dass ein Verlag recht schnell Interesse gezeigt hat (lacht). Ich habe in erster Linie die großen Verlage angeschrieben. Eine zweite Überlegung war, einen Verlags-Manager anzuschreiben, der die Vermittlung koordiniert. 

Die direkte Suche erwies sich aber als erfolgreich. Ich habe sieben bis acht relevante Verlage in meinem Genre Pädagogik und Sachbuch angeschrieben und einer hat sich gemeldet. Es gab natürlich auch Absagen bis hin zum Schweigen im Walde. Mit dem Verlag, der mich wählte, war ich sehr zufrieden.

 

Carolin: Das ist dann natürlich super, wenn man eine Zusage erhält! Kannst du mir in ein paar kurzen Sätzen zusammenfassen, um was es in deinem Buch geht?

 

Mario: Das Buch befasst sich mit dem Geben und Nehmen von Nachhilfe. Für wen, von wem, wie lange, in welcher Intensität und wo. Neben dem Sinn und der Bedeutung von guter Nachhilfe geht es auch um praktische Motivations- und Lernempfehlungen.

 

Carolin: Es ist also ein Buch, was sich mit Nachhilfe aus fachlicher Sicht beschäftigt, allerdings auch Tipps gibt, die man praktisch anwenden kann?

 

Mario: Ja, es ist quasi in zwei Teile gegliedert. Vom Anfang bis Seite 180 befasst sich das Buch damit, was alles zur Nachhilfe dazugehört: Das Herzblut des Nachhilfelehrers, was die Schüler erwarten, warum Eltern keine Nachhilfe geben sollten, was der Staat damit zu tun hat und was der Bildungsauftrag ist, etc. 

Ab Seite 180 werden dann ganz konkrete Lerntechnik-Tipps genannt. Also was können die Schüler physiologisch und psychisch machen, um gut zu lernen. Dazu gehören auch Dinge wie Schlaf, gesunde Ernährung, kann ich gut zuhören, welcher Lerntyp bin ich – also diejenigen Aspekte, die man nicht im ersten Moment mit Nachhilfe verbindet. Digitale Medien sind natürlich auch ein riesiges Thema: „Bin ich zu viel am Handy?“, etc.

 

Carolin: Du hast es schon etwas angerissen: An welche Zielgruppe richtet sich dein Buch konkret?

 

Mario: Das Buch ist für alle Interessierten gedacht, die sich mit dem Thema Nachhilfe befassen. Besonders natürlich Lehrer, Eltern von schulpflichtigen Kindern und auch die SuS selbst, die in der Schule Schwierigkeiten und Wissenslücken haben. Für SuS gibt es, wie gerade erwähnt, einen extra Buchteil, der sich mit Motivation, Lern- und Arbeitstechniken befasst.

 

Carolin: Also alle Akteure, die an der Nachhilfe beteiligt sind: Diejenigen, die NH geben, als auch diejenigen, die sie bekommen oder sie für ihre Kinder organisieren?

 

Mario: Genau.

 

Carolin: Was können denn die speziellen Zielgruppen, also Nachhilfelehrer, Eltern und SuS aus dem Buch, für sich mitnehmen?

 

Mario: Ein Nachhilfelehrer muss den Schüler dort abholen, wo er liegen geblieben ist. Es nützt nichts, wenn ich alles wiederhole, was er schon kann und was bereits gelernt und verstanden wurde. Genauso wenig bringt es etwas, Wissen zu vermitteln, von denen er noch überhaupt nichts versteht. Der Nachhilfelehrer muss den Kontakt mit den Schülern suchen und erkennen: „Wo liegen die Probleme und wo kann ich unterstützen?“.

Außerdem darf ich als Nachhilfelehrer auch nicht alles vorsagen und Lösungen auftischen. Ich muss als Coach gute Fragen und gute Aufgaben stellen, die den Schüler herausfordern. Der Schüler soll somit selbst auf die Idee, beziehungsweise auf die Lösung oder das Ergebnis kommen. So bleibt es natürlich viel länger im Gehirn, als wenn sich die SuS passiv vom Lehrer beschallen lassen. Das festigt sich mit einem intrinsischen Lernen, mit einem „Aha-Effekt“, weil ich mich lange mit etwas beschäftigt habe.

 

Die Eltern finden einen Leitfaden, was wichtig ist: Wie finde ich den richtigen Nachhilfelehrer oder das richtige Nachhilfeinstitut? Da gibt es leider viele schwarze Schafe und auch den Graumarkt: ein guter Mathematiker ist vielleicht nicht in der Lage den Stoff zu vermitteln. Da fehlen die Didaktik und das methodische Vorgehen, was die/den Nachhilfeschüler*in im Unterricht nicht weiterbringt und sie/er verwirrter als zuvor aus dem Nachhilfeunterricht kommt.

Für die Auswahl der richtigen Nachhilfeschule gibt es grundlegende Regeln, auf die die Eltern achten sollten: Zum Beispiel, dass ein Nachhilfelehrer sein Fach auch studiert hat, die Nachhilfegruppen nicht größer als vier bis fünf Schüler sein sollten und sich nach dem Codex des VNN orientieren kann.

Außerdem gebe ich den Eltern Argumente an die Hand, warum sie ihren Kindern nicht selbst Nachhilfe geben sollten. Das endet meistens im Streit. Sie sind emotional verstrickt und das funktioniert einfach nicht: Die SuS nehmen die Nachhilfe von den Eltern nicht an.

 

SuS selbst können selbstverständlich auch die Punkte beachten, die ich den Eltern ans Herz lege, worauf auf gute Nachhilfe geachtet werden muss. Ab einem gewissen Alter informieren sich SuS zunehmend alleine und schauen, was passt. Zudem haben sie noch den zweiten Teil des Buches für gutes Lernen – eine Art Lern-Anleitung, da geht es um die Ernährung, die Freizeit, der Sport – also um die Life-Learn-Balance.

 

Carolin: Sehr spannend. Was hast du denn zu deinem Buch bisher für ein Feedback bekommen? Vielleicht auch direkt von Kollegen?

 

Mario: Ich habe bisher gerade aus der Branche von Kollegen auch die Rückmeldung erhalten, dass sie das Buch sehr schön aufbereitet und zusammengefasst finden. Vom VNN kamen auch noch Vorschläge, was man gegebenenfalls weiter ausbauen könnte. Das sind natürlich super Ideen und eine gute Grundlage für die zweite Auflage. Ich habe auch die Rückmeldung bekommen, dass sich die Leser im Buch wiedererkennen – sei es als Lehrer oder als Elternteil.

Sogar aus dem Kultusministerium-BW habe ich eine Reaktion bekommen, von einem Landesbeauftragten. Er hat das Buch gelesen, es einige Male verschenkt und sehr gelobt. 

 

Carolin: Du hattest vorhin ja schon etwas darüber gesprochen, wie lange der Prozess vom Anfang bis zum fertigen Buch gedauert hat. Wenn man jetzt am Anfang steht und weiß „Ich möchte gerne ein Buch schreiben“, welche Planungsschritte sollte man da bedenken?

 

Mario: Ich habe mir natürlich vorab eine Struktur (einen Plot) gemacht, bin dennoch ins kalte Wasser gesprungen. Ich habe mir vorher überlegt, wo der Part Lehrer, Schule, Nachhilfe und Nachhilfelehrer und der Eltern jeweils eingegliedert werden soll. Beim Entwickeln habe ich immer ein Auge aufs Inhaltsverzeichnis geworfen und überlegt, welche Struktur und welcher Plot am meisten Sinn macht. 

Somit entwickelt sich der Plot und das Inhaltsverzeichnis ist von Anfang an nicht in Stein gemeißelt. Ein Plot anfangs ist aber unumgänglich. 

 

Carolin: Nachdem du die Struktur gefunden hast, was wären dann die nächsten Schritte?

 

Mario: Danach habe ich mit dem Schreibprozess gestartet. Dabei schreibt man das Buch auch nicht von vorne nach hinten zügig durch. Da kam dann eine Idee zu einem Lerntipp oder etwas, was gut zu einem bestimmten Kapitel passen würde. Diese Idee formuliert man und kommt später wieder an diese Stelle und baut es weiter aus. 

Zwischendurch habe ich auch viel umgebaut. Ähnlich wie bei einem Hausbau, wenn man währenddessen merkt „Oh, das Bad passt doch besser hier her.“ Oder „Die Garage muss doch etwas größer werden.“ So habe ich auch während des Schreibens. Kapitel angepasst, ergänzt oder auch gelöscht.

 

Carolin: Ein weiterer Schritt ist ja meistens das Lektorat. Wie ist das bei dir abgelaufen: Ist es durch den Verlag erfolgt oder gab es hier weitere Personen, die dich dabei unterstützt haben?

 

Mario: In meiner Nachhilfeschule habe ich einige Germanisten sitzen und das habe ich natürlich gut nutzen können. Ich habe den Text einer Lehrkraft gegeben und sie hat mir das Skript zunächst lektoriert. 

Nach dem Vorlektorat habe ich das Buch zwei, drei Personen im privaten Bereich gegeben und abschließend hat der Verlag einen Profi eingesetzt

 

Carolin: Was war für dich denn das Schönste am Schreiben? Also woran hattest du am meisten Freude?

 

Mario: Mir die Dinge von der Seele zu schreiben, was mir wichtig war. Dazu muss man wissen, dass wir hier Nachhilfe mit ganz viel Leidenschaft und mit ganz viel Herzblut geben. Wir sind an dem Erfolg des Schülers sehr, sehr interessiert. Das herüberzubringen, wie gutes Lernen überhaupt funktioniert, ist mir sehr wichtig. Ich hoffe auch, dass viele Schuldirektoren und Lehrer das Buch lesen. Das Thema bewegt mich sehr und ich wollte meine Gefühle und meine Gedanken gepaart mit den recherchierten Informationen zu Papier bringen. 

 

Carolin: Was war im Gegensatz dazu die größte Herausforderung bei dem Buchprojekt für dich?

 

Mario: Spontan fällt mir da tatsächlich nichts ein. Es lief ganz oft wie geschnitten Brot (lacht). Ich hatte auch nie eine Stelle, an der ich aufhören oder das Projekt hinschmeißen wollte. Was anstrengend war, waren die Recherchen und das Finden richtiger und guter Quellen. Teilweise gibt es widersprüchliche Aussagen und ich musste muss mich für eine Quelle entscheiden. Manchmal sind die Daten der Quellen unvollständig und es fehlt beispielsweise die Jahreszahl der Veröffentlichung. Eine gute Recherche kann schon sehr anstrengend sein

 

Carolin: Zum Abschluss noch einmal zusammenfassend: Welche drei Tipps würdest du jemandem mitgeben, der gerne ein Buch schreiben möchte?

 

Mario: Es gehört natürlich die Leidenschaft dazu. Ich schreibe kein Buch, nur um des Schreibens Willens und dass da mein Name draufsteht. Manch einer denkt vielleicht auch nur ans Geld, doch die wenigsten werden mit Büchern reich. Man muss das Buch mit Herzblut für ein Thema schreiben.

 

Dann braucht man Ausdauer und Disziplin. Nicht nur die Motivation, dass man sagt „Okay, ich mache jetzt ein Buch.“ Motivation vergeht nach kurzer Zeit. Man muss damit rechnen, dass es ein längerer Prozess wird und die Kondition zum Durchhalten bleibt. 

 

Mein dritter Tipp ist es, sich nicht unterkriegen zu lassen. Besonders bei der Verlagssuche. Das war eigentlich einfacher als gedacht. Man muss an sich und sein Buch glauben und den Willen spüren. Ich habe meinen Buchtraum gelebt, es veröffentlich und wird hoffentlich viel gelesen. 

 

Carolin: Das sind doch schöne Schlussworte. Vielen Dank für das Interview, deine Zeit und die spannenden Einblicke Mario.

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