Berlin/Solingen, 6. Dezember 2024 – Zum Tag der Bildung fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV), in der der VNN Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V. Mitglied ist, eine umfassende politische Initiative zur Sicherung und Weiterentwicklung der freien Bildungsinfrastruktur. Diese ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes – sowohl für die individuelle Chancengerechtigkeit als auch für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Während die öffentliche Diskussion oft auf staatliche Bildungseinrichtungen fokussiert ist, wird ein wesentlicher Teil des Bildungssystems übersehen: Freie Bildungsanbieter Nachhilfeschulen, Musik- und Tanzschulen, berufsbildende Weiterbildungsanbieter und zahlreiche Soloselbstständige leisten einen unverzichtbaren Beitrag. Ihre Angebote sind essenziell für eine vielfältige, flexible und innovative Bildungslandschaft. Doch diese Strukturen sind durch wachsende rechtliche Unsicherheiten und bürokratische Hürden massiv gefährdet.
Vielfalt und Qualität der Bildungsinfrastruktur in Gefahr Die freie Bildungslandschaft in Deutschland zeichnet sich durch ihre hohe Diversität und Qualität aus. Soloselbstständige und kleine Bildungsanbieter decken ein breites Spektrum ab: Von schulbegleitenden und berufsvorbereitenden Angeboten über künstlerische und musische Bildung bis hin zu spezifischen Fachfortbildungen. Besonders das Konzept des lebenslangen Lernens wird durch diese Akteure aktiv vorangetrieben. Dennoch geraten diese Angebote zunehmend unter Druck.
Gefährdung durch Bürokratie und Rechtsunsicherheit Statt diese flexible Bildungsinfrastruktur zu stärken, erschweren regulatorische Hürden und unklare gesetzliche Rahmenbedingungen ihre Arbeit. Die Praxis der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zur Statusfeststellung, insbesondere nach dem sogenannten „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts, führt dazu, dass immer mehr selbstständige Lehrkräfte als scheinselbstständig eingestuft werden. Dies gefährdet nicht nur die Existenz der betroffenen Personen, sondern auch die Bildungseinrichtungen, die auf deren Expertise angewiesen sind.
Darüber hinaus fehlt es in vielen Bereichen an steuerlicher Rechtssicherheit. Kürzlich konnte die BAGSV gemeinsam mit anderen Verbänden in letzter Minute verhindern, dass Bildung durch eine weitreichende Umsatzsteuerpflicht erheblich verteuert wurde. Diese Entwicklungen zeigen jedoch, wie fragil die Rahmenbedingungen für freie Bildungsanbieter sind. „Es braucht dringend politische Lösungen, um diese Herausforderungen anzugehen und die Bildungslandschaft zukunftssicher zu gestalten“, betont Experte Joachim Wenzel.
Erfolge in der Interessenvertretung – doch Handlungsbedarf bleibt Ein wichtiger Teilerfolg war die Abwendung der geplanten Umsatzsteuerpflicht auf viele Bildungsangebote im Oktober 2024. Dies wurde durch intensiven politischen Dialog, die Unterstützung einer breiten Petition und das Engagement der BAGSV sowie anderer Verbände erreicht.
Der VNN Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V., Mitglied in der BAGSV, begrüßt die Entscheidung – auch im Namen Tausender Eltern. Er betont, dass Nachhilfe umsatzsteuerfrei bleiben muss. Eltern, die in die Zukunft ihrer Kinder und damit in die Zukunft dieses Landes investieren, dürften für ihr Engagement nicht bestraft werden, so der Verband. Er fordert eine weitergehende Entlastung der Eltern durch die steuerliche Absetzbarkeit von Nachhilfe. Das, so der Verband, wäre ein gutes Signal, das zeigt, welchen hohen Stellenwert Bildung in unserem Land hat.
Dennoch bleiben zahlreiche Probleme ungelöst. Insbesondere in den Bereichen Musik- und Tanzunterricht sowie bei berufsbildenden Maßnahmen bestehen weiterhin Unsicherheiten. Die BAGSV fordert daher, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) die Vorgaben der EU unionsrechtskonform umsetzt und eine stabile Grundlage für die Umsatzsteuerfreiheit im Bildungswesen schafft.
Scheinselbstständigkeit: Ein Hindernis für Bildung und Chancengerechtigkeit Die Problematik der Scheinselbstständigkeit stellt einen weiteren zentralen Hemmschuh dar. Die BAGSV weist darauf hin, dass die aktuelle Feststellungspraxis nicht nur ineffizient, sondern in vielen Fällen auch verfassungswidrig ist. Dadurch werden flexible und selbstständige Arbeitsmodelle de facto untergraben, obwohl sie für die Bildungsinfrastruktur unerlässlich sind. „Die Politik muss endlich ein modernes Selbstständigenrecht schaffen, das den Anforderungen einer digitalen und flexiblen Arbeitswelt gerecht wird“, fordert Hans-Jürgen Werner.
Bildung als Schlüssel zur Zukunft – Appell an die Politik Freie Bildungsanbieter tragen entscheidend dazu bei, dass Bildung in Deutschland vielfältig, individuell und chancengerecht bleibt. Ohne eine starke und unabhängige Bildungsinfrastruktur werden jedoch viele Menschen von wichtigen Qualifikationsmöglichkeiten ausgeschlossen. Dies gefährdet nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch den Wirtschaftsstandort Deutschland.
„Die Parteien dürfen im anstehenden Wahlkampf Bildung nicht nur als Schlagwort nutzen, sondern müssen konkrete Maßnahmen vorschlagen, um diese Strukturen zu erhalten“, so die BAGSV. Es brauche einen „großen Wurf“, der die Rahmenbedingungen für Selbstständige und kleine Unternehmen im Bildungssektor nachhaltig verbessert. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch zukünftige Generationen von einer vielfältigen Bildungslandschaft profitieren.
Über die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV)
In der BAGSV haben sich 35 Selbstständigenverbände zusammengeschlossen. Sie sprechen gemeinsam für mehr als 100.000 Mitglieder, vor allem Solo-Selbstständige und Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitenden. Die BAGSV-Verbände stimmen sich laufend über ihre politischen Positionen und Forderungen ab und haben sich so zu einem zentralen Ansprechpartner für die Politik entwickelt, wenn es um die Interessen von Solo- und Kleinstunternehmer/innen geht.
VNN Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e.V.
Der VNN wurde 1998 als Interessenverband Nachhilfeschulen e.V. gegründet und ist der einzige Verband der Nachhilfe-Branche. Der VNN setzt sich für mehr Transparenz und verlässliche Qualität in der institutionellen Nachhilfe ein. Die ihm angeschlossenen Nachhilfeinstitute stehen für hohe Qualitätsstandards und die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern in Kleingruppen oder Einzelunterricht. Dies gibt Eltern, Kindern und Jugendlichen Sicherheit und Orientierung. Der VNN vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit und fördert den vertrauensvollen Dialog zwischen Schule, Politik und Wirtschaft. Sitz des Bundesverbandes ist Solingen. www.nachhilfeschulen.org.